3.4.1 Anforderungen von Industrie 4.0 an Anwendungssysteme

Als Ausgangspunkt für den Modellentwurf wurde eine weitere Literaturanalyse durchgeführt. Das Ziel dieser war es, bisherige Wissensstände über Industrie 4.0 aufzuarbeiten und die wesentlichen Anforderungen an die Anwendungssysteme im Kontext von Industrie 4.0 herauszuarbeiten. Hierzu wurden die Datenbanken EBSCO, ScienceDirect, SpringerLink und Google Scholar mit folgenden Begriffen durchsucht: Informationssysteme, Industrie 4.0, Reifegradmodelle, Integration, Digitalisierung, Internet der Dinge und Dienste, Cyber-Physische-Systeme, Wertschöpfungs-netzwerke, Anwendungssysteme, operative Systeme, betriebliche Informationssysteme. Dabei werden im Folgenden exemplarisch einige Anforderungen, die aus dieser Literaturanalyse resultierten, vorgestellt.

Im Abschlussbericht Industrie 4.0 (Kagermann et al. 2013) wurden drei wesentliche Anforderungen herausgestellt, auf die sich Industrie 4.0 fokussiert und somit von der unternehmensweiten Anwendungssystemlandschaft unterstützt werden müssen:

Vertikale Integration entlang den Hierarchieebenen eines Unternehmens: Zwar unterstützen die Systeme ihre eigene Aufgabe jeweils sehr gut, andererseits liegen die Daten, welche die einzelnen Systeme, wie ERP-Systeme, SCM-Systeme, MES, Management Information Systems, Product LifeCycle Management (PLM)-Systeme, etc. benötigen, in verschiedenen Datenbanken und teilweise in verschiedenen Formaten vor. Diesem suboptimalen Grad an Integration muss bei der Umsetzung von Industrie 4.0 entgegengewirkt werden.

Horizontale Integration über Wertschöpfungsnetzwerke: Für die Anwendungssysteme bedeutet dies, dass Brüche in den Informationsflüssen vermieden werden müssen und die Informationen zur richtigen Zeit am richtigen „Ort" vorliegen müssen und zwar entlang der gesamten Supply Chain. Weiterhin muss der Austausch dieser Informationsflüsse (komplett) automatisiert ablaufen.

Digitale Durchgängigkeit des Engineerings: Hierbei gilt es die Entstehung eines Produktes entlang der Wertschöpfungskette durch den Einsatz von Anwendungssystemen durchgängig zu unterstützen. Dies schließt auch den Produktionssystementstehungsprozess ein.

Aus der Literatur und ergänzend aus den Studien, die untersucht wurden, haben sich Querschnitttechnologien ergeben, die Teil der Anwendungssysteme sind. Diese werden definiert und zusätzlich ihre Relevanz für die Industrie 4.0 erläutert:

Service-orientierte Architektur: Die Plattform Industrie 4.0 hat am 10. April 2014 ein Whitepaper veröffentlicht, in dem die Schaffung einer Referenzarchitektur auf Basis einer SOA als Voraussetzung für die Umsetzung von Industrie 4.0 festgelegt wird (Industrie 4.0 2014).

Cloud Computing: In der Industrie 4.0 werden nicht nur einzelne Produktionsstandorte digitalisiert, sondern zusätzlich sind die Produktionsstandorte eines Unternehmens informations-technisch sowie die Unternehmen entlang der Supply Chain miteinander verbunden. Bei Cloud Computing werden diese benötigen Dinge als Services bereitgestellt.

Informationsaggregation und -aufbereitung: Aggregation der Informationen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass aus den Daten, die aus den verschiedenen integrierten Systemen vorliegen, durch verschiedene Wege der Aufbereitung wie Clustering und Filterung, Zusammenhänge kenntlich gemacht werden und dem Benutzer oder der Maschine zur Verfügung gestellt werden. Dies macht deutlich, dass nicht nur die Daten aus den Produktionssystemen, zum Beispiel aus den verschiedenen vernetzten Maschinen, (Halb-)Produkten, Sensoren etc. in Richtung betrieblicher Ebene (ERP, SCM) aggregiert werden, sondern auch die Daten zu den Maschinen hin (Schöning und Dorchhain 2014).

IT-Sicherheit: In der Industrie 4.0 wird das Unternehmen nicht nur ab der operativen Ebene mit dem Internet verbunden sein. Als Teil des Internets der Dinge und Dienste wird von der Produktionsebene, im extremsten Fall von der Steuerungsebene, bis zur strategischen Ebene eine durchgängige Verbindung zum Internet vorhanden sein. Dadurch steht den Informationssystemen eine große Herausforderung bei der Gewährleistung der IT-Sicherheit bevor. Krcmar (2015) definiert dabei IT-Sicherheit als angemessenen Schutz aller Informationen die in Form elektronischer Daten vorliegen. Kappes (2013) erweitert die Informationen noch um Informations-systeme, in denen sichergestellt werden muss, dass Dienste in den Systemen für Benutzer verfügbar sind.

Last modified: Friday, 3 July 2020, 7:52 PM