3.2 Vergleich bestehender Reifegradmodelle
Laut der Anforderung A1 (vgl. Tabelle 1) ist die Notwendigkeit der Entwicklung eines neuen Reifegradmodells zu begründen. Hierzu wurden nach eingängiger Literaturrecherche ca. 50 überwiegend wissenschaftliche Beiträge zu Reifegradmodellen analysiert und auf deren Passfähigkeit hinsichtlich Industrie 4.0 bewertet. Dazu wurden folgende Arbeitsschritte durchgeführt:
Schritt 1: Erstellung eines Klassifikationsschemas nach dem Reifegradmodelle systematisch analysiert und bewertet werden können: Mit den Anforderungen zur Entwicklung von Reifegradmodellen nach Becker et al. (2009) wurden unter Einbeziehung von Mettler (2010) die wesentlichen Kriterien für das Klassifikationsschema zur Analyse und zur Bewertung der zu untersuchenden Reifegradmodelle aufgestellt. In Tabelle 2 ist dieses Schema exemplarisch dargestellt.
Schritt 2: Durchführung einer Literaturrecherche (in drei unterschiedlichen Ausprägungsstufen):
(1) Fokus: Reifegradmodelle im Kontext von Industrie 4.0, (2) Fokus: allgemeine Reifegradmodelle zu Software und (3) Fokus: artverwandte Reifegradmodelle zu Industrie 4.0 mit dem Aspekt der zwischenbetrieblichen Integration. Im Rahmen der ersten Literaturrecherche „Reifegradmodelle im Kontext zu Industrie 4.0“ wurden folgende Publikationsdatenbanken ausgewählt: EBSCO, SpringerLink, Science Direct, Emerald und WISO. Zusätzlich wurden in den Konferenzbänden folgender Konferenzen gesucht: ECIS, ICIS, AMCIS, HICSS und Wirtschaftsinformatik (WI). Die Suchabfrage wurde mit folgenden Suchbegriffen und Kombination im Zeitraum von 2000 bis 2015 durchgeführt: (Industrie 4.0 ODER Industry 4.0) UND (Reifegradmodell ODER Maturity Model ODER Capability Model ODER Process Improvement Model ODER Maturity Grid). Das Ergebnis dieser Recherche waren 15 wissenschaftliche Beiträge, die näher analysiert wurden. Im Rahmen der zweiten Literaturrecherche „allgemeine Reifegradmodelle zu Software“ wurden aufgrund der Häufigkeitsbenennung durch Wendler (2012) folgende sechs Reifegradmodelle zur Analyse ausgewählt: CMM(I), ISO 9000, SPICE (Software), BPMM (OMG), Cobit-CMM, Crosby´s Maturity Grid. Ferner wurden die Reifegradmodelle SOA MM und Cloud Computing Maturity Model analysiert. Im Rahmen der dritten Literaturrecherche „artverwandte Reifegradmodelle zu Industrie 4.0 mit dem Aspekt der zwischenbetrieblichen Integration“ wurden 24 Beiträge nach Frick und Gäb (2015) zur Klassifizierung ausgewählt.
Die Liste aller analysierten Beiträge sowie die daraus resultierende Klassifikation (gemäß Tabelle 2) sind nicht Bestandteil dieses Beitrags, können jedoch bei den Autoren angefragt werden.
Schritt 3: Klassifikation der Beiträge und Beurteilung der Notwendigkeit: Die in Schritt 2 ausgewählten 53 Beiträge zu Reifegradmodellen wurden anhand des Klassifikationsschemas aus Schritt 1 analysiert und bewertet. Die Analyse hat gezeigt, dass die vorgestellten Reifegradmodelle durchschnittlich 5 Stufen und zahlenmäßig sehr unterschiedliche Dimensionsausprägungen je Stuf haben. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass die wenigsten Beiträge tatsächlich dem Vorgehensmodell nach Becker et al. (2009) folgen und nahezu fast allen eine gründliche Evaluierung der Reifegradmodelle in der Praxis fehlt. Überwiegend stellen diese Beiträge einen ersten Vorschlag eines Modells dar.
# |
Merkmal |
Erläuterung |
M1 |
Titel des Beitrags |
Angabe des Beitragstitels in der entsprechenden Publikation. |
M2 |
Erscheinungsjahr |
Angabe in welchem Jahr der Beitrag veröffentlich worden ist. |
M3 |
Land |
Angabe über das Herkunftsland der Autoren. |
M4 |
Zusammenfassung |
Angabe einer eigenständigen, kurzen und aussagekräftigen Beschreibung des Beitrags bzw. Aufführung des Abstract |
M5 |
Name des Reifegradmodells |
Angabe eines spezifischen Namen und Abkürzung des Reifegradmodells |
M6 |
Branche /Anwendungsbereich |
Angabe, ob das Reifegradmodell spezifisch für eine Branche bzw. Anwendungsbereich entwickelt worden ist. |
M7 |
Unternehmensgröße |
Angabe, ob das Reifegradmodell spezifisch für eine bestimmte Unternehmenskategorie entwickelt worden ist.
|
M8 |
Artefakte |
Benennung der entwickelten innovativen Problemlösungsartefakte, welche einen Beitrag zum bisherigen Stand der Forschung liefern. |
M9 |
Reifegrad-Stufen |
Auflistung der einzelnen Reifegradstufen inkl. Kurzbezeichnung und ggf. Anzahl der beinhalteten Anforderungen. |
M10 |
Problemrelevanz und -definition |
Angabe, ob im Vorfeld ein bestimmtes Problem identifiziert worden ist und der Beitrag eine Lösung bieten soll. |
M11 |
Vergleich bestehender Reifegradmodelle |
Angabe, ob im Vorfeld existierende Reifegradmodelle analysiert worden sind und die Notwendigkeit eines zu entwickelnden begründet ist. |
M12 |
Festlegung der Entwicklungsstrategie |
|
M13 |
Iterative Reifegradentwicklung |
Angabe, ob die Entwicklung des Reifegradmodells in 1-n Iterationsschritten erfolgt ist und dabei unterschiedlichste Forschungsmethoden begründet eingesetzt worden sind. |
M14 |
Angabe, in welcher Form das Reifegradmodell während der Entwicklung evaluiert wurde. |
|
M15 |
Weiterer Forschungsbedarf |
Angabe, inwiefern der Beitrag auf weiteren Forschungsbedarf hinweist und Lücken in der Entwicklung des Reifegradmodells aufzeigt. |
Tabelle 2: Schema zur Klassifizierung von Reifegradmodellen
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Entwicklung eines passfähigeren Reifegradmodells für diesen Kontext.